Für Menschen mit koronarer Herzkrankheit können Betablocker zwar die
Lebensqualität verbessern und Thrombozytenaggregationshemmer das Risiko
eines Herzinfarkts senken. Allerdings deuten die Ergebnisse der neuen
Studie darauf hin, dass diese Schutzmaßnahmen an besonders heißen Tagen
auch eine gegenteilige Wirkung haben können.
Bekannt ist, dass
Umweltfaktoren, wie Luftverschmutzung und niedrige Außentemperaturen,
Herzinfarkte auslösen können. Darüber hinaus zeigt sich immer
deutlicher, dass ein akuter Herzinfarkt auch durch Hitze ausgelöst
werden kann. Allerdings war bisher unklar, ob Patient:innen, die
bestimmte Herz-Kreislauf-Medikamente einnehmen, ein höheres Risiko
aufweisen, an heißen Tagen einen Herzinfarkt zu erleiden, als
Patient:innen ohne diese regelmäßige Medikamenteneinnahme. Dieser Frage
gingen die Forscher auf den Grund und zogen für ihre Analysen Daten des
Herzinfarktregisters Augsburg der Jahre 2001 bis 2014 heran. Insgesamt
konnten 2.494 Fällen während der Monate Mai bis September betrachtet
werden.
Es zeigte sich an heißen Tagen im Vergleich zu kühleren Kontrolltagen ein signifikant erhöhtes Risiko für nicht-tödliche Herzinfarkte bei Patient:innen, die Thrombozytenaggregationshemmer bzw. Betablocker einnahmen im Vergleich zu Patient:innen, die diese Medikamente nicht einnahmen. Die Einnahme von Thrombozytenaggregationshemmern war mit einem Anstieg des Risikos um 63% und die Einnahme von Betablockern mit einem Anstieg des Risikos um 65% verbunden. Patient:innen, die beide Medikamente einnahmen, hatten ein um 75% höheres Risiko. Bei Nichtanwendern dieser Medikamente war die Wahrscheinlichkeit eines Herzinfarkts an heißen Tagen nicht erhöht. Interessant ist auch, dass der Effekt der Medikamenteneinnahme in der jüngeren Altersgruppe (25–59 Jahre) stärker als bei älteren Patient:innen (60–74 Jahre) war, obwohl letztere häufiger bereits zugrunde liegende koronare Herzerkrankungen aufwiesen.
Die Forschungsergebnisse beweisen nicht, dass diese Medikamente bei
Hitze die Herzinfarkte verursacht haben. Die Wissenschaftler:innen
spekulieren jedoch auf Grund dieser Daten, dass die Einnahme der
Medikamente die Thermoregulation im Körper, also die Anpassung an hohe
Temperaturen, erschwert. Somit könnte die Medikamenteneinnahme diese
Patient:innen tatsächlich empfindlicher gegenüber Hitzeexposition
machen. Denkbar ist allerdings auch, dass die zugrunde liegende schwere
Herzerkrankung, sowohl die Verschreibung der genannten Medikamente
erklärt, als auch die höhere Empfindlichkeit dieser Patient:innen
gegenüber Hitze. Gegen letztere Hypothese spricht, dass zum einen der
beobachtete Risikoanstieg durch die Medikamenteneinnahme besonders stark
in der an sich gesünderen und jüngeren Patient:innengruppe auftrat.
Darüber hinaus konnte bei keinem weiteren Medikament, das häufig von
Herzpatient:innen eingenommen wird, eine Risikoerhöhung bzgl. das
Auftretens von Herzinfarkten bei Hitze beobachtet werden (mit Ausnahme
bei der Einnahme von Statinen).
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