Das körpereigene Molekül Itaconsäure wirkt antiviral und
entzündungshemmend, wie Forschende vom TWINCORE kürzlich gezeigt haben.
In Zusammenarbeit mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern vom
Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig und dem
Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland haben sie nun
die eng verwandte Substanz Citraconsäure untersucht. Das Ergebnis:
Citraconsäure schützt Zellen durch antioxidative und entzündungshemmende
Eigenschaften. Außerdem hemmt sie die Freisetzung von Grippeviren aus
menschlichen Zellen.
„Itaconsäure hat zwei Isomere, also
natürliche Verwandte, die sich nur geringfügig in der chemischen
Struktur unterscheiden, Mesacon- und Citraconsäure", sagt PD Dr. Frank
Peßler, Leiter der Arbeitsgruppe „Biomarker für Infektionskrankeiten" am
Institut für Experimentelle Infektionsforschung des TWINCORE, Zentrum
für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung in Hannover. Alle
drei Stoffe kommen natürlich in höheren Organismen vor und Peßlers
Forschungsgruppe hatte 2021 erstmals alle drei in Lymphknoten und Milz,
wichtigen Organen des Immunsystems, nachgewiesen. „Daraufhin haben wir
diese Isomere weiter charakterisiert. Dabei waren die Ergebnisse mit
Citraconsäure für die Entwicklung von Medikamenten am
vielversprechendsten."
Die Forschenden konnten zeigen, dass Citraconsäure gleich mehrere positive Effekte für die Immunabwehr hat. „Wir haben entdeckt, dass Citraconsäure einen wichtigen Signalweg im Immunsystem aktiviert", sagt Peßler. „Der sogenannte NRF2-Pathway steuert antioxidative und entzündungshemmende Prozesse, welche die Zellen vor schädlichen Einflüssen schützen können." Die Wirkung der Citraconsäure ist hier um ein vielfaches stärker als die der Itacon- und Mesaconsäure.
Wenn die Forschenden menschliche Zellen mit Grippeviren infizierten und gleichzeitig mit Citraconäure behandelten, beobachteten sie eine starke Hemmung von Botenstoffen, die Entzündungen auslösen. „Sie hemmt die Signalkaskaden der Typ-1-Interferone und reduziert dadurch proinflammatorische Zytokine und Chemokine", sagt Pessler. „Das sind Signalmoleküle, die Vorgänge im Immunsystem einleiten und verstärken". In denselben Versuchen testeten die Forschenden auch die Wirkung der drei Isomere auf die Vermehrung von Grippeviren. Dabei fanden sie, dass insbesondere die Citraconsäure die Freisetzung von Viruspartikeln aus den infizierten Zellen fast vollkommen unterbindet. Auch in diesem Bereich war die Citraconsäure stärker als Itacon- und Mesaconsäure. Durch diese gleichzeitige Hemmung von Virusvermehrung, Botenstoffen und zellschädlichen oxidierenden Molekülen erhofft sich Peßler, dass Medikamente auf der Basis von Citraconsäure Patienten mit schweren Virusinfektionen wie Influenza, aber auch COVID-19, helfen werden. Solche Hemmstoffe könnten klinisch wichtige Anwendungen finden.
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