Restless Legs: Hydrotherapie und Akupressur verbessern Lebensqualität

Das Restless Legs Syndrom (RLS) ist eine sensomotorische Erkrankung, die durch unangenehme Empfindungen in den Beinen, vor allem wenn sie ruhen, gekennzeichnet ist. Betroffene verspüren daher den starken Drang, ihre Beine zu bewegen, insbesondere am Abend und in der Nacht. (2) Dies bringt weitere Beeinträchtigungen – u.a. Schlafstörungen und auch Depressionen – mit sich (3,4). Psychischer Stress wirkt wiederum symptomverstärkend. (5,6)

Die Standardtherapie sieht in erster Linie eine Supplementierung von Eisen (7) und in zweiter Instanz dopaminerge Medikamente vor. In vielen Fällen gelingt es so jedoch nicht, die Beschwerden dauerhaft zu lindern, in manchen kehren sie sogar stärker zurück. (8) Nicht-medikamentöse Verfahren können daher eine wertvolle Ergänzung sein. Die vorliegende Studie prüft den Nutzen von Hydrotherapie nach Kneipp und von Akupressur – zweier Verfahren, die RLS-Betroffene gut selbst anwenden können.


Dreiarmige Pilotstudie mit 54 Patient*innen

Insgesamt 54 Patient*innen mit moderaten bis starken RLS-bedingten Beschwerden wurden in die Studie eingeschlossen. Das Durchschnittsalter lag bei 57.5±11.4 Jahren, 63% der Proband*innen waren Frauen. Per Zufall wurden drei Gruppen gebildet: Zusätzlich zur Standardtherapie führte eine Gruppe eine Akupressur-Selbstbehandlung durch, eine weitere Gruppe stattdessen Hydrotherapie nach Kneipp. Die jeweiligen Interventionen sollten in beiden Gruppen mindestens zweimal täglich angewendet werden, über einen Zeitraum von sechs Wochen. Die dritte Gruppe diente als Kontrolle und führte nur die Standardtherapie fort, ohne zusätzliche Verfahren.

Bei der Akupressur sollten bilateral die folgenden sechs Punkte jeweils für etwa zwei Minuten gedrückt werden: LI-4 (Hegu), PC-6 (Neiguan), ST-36 (Zusanli), SP-6 (Sanyinjiao), KI-3 (Taixi) und LR-3 (Taichong). Bei Bedarf durften die Teilnehmenden das Verfahren auch häufiger als zweimal am Tag anwenden.


Die Hydrotherapie nach Kneipp bestand aus kalten Güssen (Wassertemperatur unter 18°C) bis zum Knie für 30-60 Sekunden. Optional durften die Teilnehmenden nach Belieben zusätzliche kalte oder im Wechsel auch warme Güsse der Knie und Arme sowie kalte Gesichtsgüsse anwenden. (9) Beide Verfahren durften auf Wunsch nach dem sechswöchigen Interventionszeitraum fortgeführt werden.


Nach sechs Wochen zeigten sich folgende Ergebnisse: Der mittels Beurteilungsbogen (IRLS) erfasste Schweregrad der Symptome lag in der Hydrotherapie-Gruppe im Mittel bei 19.8, in der Akupressur-Gruppe bei 22.9 und in der Kontroll-Gruppe bei 24.0 (je niedriger die Werte, desto geringer die Symptombelastung).

Die Werte für die erkrankungsspezifische Lebensqualität (RLSQoL) lagen in der Hydrotherapie-Gruppe im Mittel bei 65.3, in der Akupressur-Gruppe bei 68.3 und in der Kontroll-Gruppe bei 56.2 (je höher die Werte, desto besser die Lebensqualität).
Die Werte der Verbesserungseinschätzung der klinischen Symptomatik durch die Patient*innen (PGI-C) lagen in der Hydrotherapie- und der Akupressur-Gruppe jeweils im Mittel bei 3.3 und in der Kontroll-Gruppe bei 4.1 (je niedriger die Werte, desto stärker die wahrgenommene Verbesserung).

Im Vergleich mit der Kontroll-Gruppe zeigte die Hydrotherapie-Grupppe damit einen klinisch relevanten Unterschied in der Symptomschwere, in der krankheitsspezifischen Lebensqualität und in der subjektiven Verbesserungseinschätzung der klinischen Symptomatik. Die Akupressur-Gruppe zeigte einen klinisch relevanten Unterschied in der krankheitsspezifischen Lebensqualität und in der subjektiven Verbesserungseinschätzung der klinischen Symptomatik, jedoch nicht in der Symptomschwere.

Die gesundheitsbezogene Lebensqualität wurde ebenfalls abgefragt (SF-12 PCS) und erreichte in der Hydrotherapie-Gruppe im Mittel einen Wert von 47.7, in der Akupressur-Gruppe von 43.4 und in der Kontroll-Gruppe von 41.0 (höhere Werte sind besser).

Bemerkenswert ist zudem die hohe Therapietreue in den beiden Interventionsgruppen: In den ersten sechs Wochen wurde die Hydrotherapie an 6.5 Tagen und die Akupressur an 6.4 Tagen/Woche durchgeführt. Nach zwölf Wochen lagen die Werte immer noch bei 4.3 und 3.5 Tagen/Woche, die Patient*innen haben die Anwendungen also in großen Teilen, d.h. zu 73.3% bzw. 76.9%, fortgeführt. Starke Nebenwirkungen wurden nicht berichtet.

Einschätzung

Die Ergebnisse lassen sich so interpretieren, dass eine tägliche Anwendung von Hydrotherapie nach Kneipp sowie begleitende Akupressur-Behandlungen über einen Zeitraum von sechs Wochen zu einer Verbesserung der Lebensqualität und – im Falle der Kneipp-Anwendungen – zu einer klinisch relevanten Beschwerdelinderung führen können. Selbst nach zwölf Wochen waren die Effekte, wenn auch etwas abgeschwächt, noch messbar.

Es handelt sich um die erste randomisierte kontrollierte Studie zu dem Effekt, der Sicherheit und der Durchführbarkeit von selbst angewendeter Hydrotherapie und Akupressur bei RLS. Weitere Arbeiten mit einer größeren Zahl an Proband*innen und idealerweise auch einer Placebo-Kontrolle sollten nun folgen, um die vielversprechenden Ergebnisse zu validieren.

Anleitungen für Akupressur und Kneipp-Güsse sowie den Literaturnachweis finden Sie hier: www.carstens-stiftung.de





Bild von Manfred Antranias Zimmer auf Pixabay