Lange Zeit lag der Fokus bei der Bekämpfung der Adipositas auf individuellen Maßnahmen. Das diesjährige Motto „Changing Systems, Healthier Lives" des Welt-Adipositas-Tages betont die Notwendigkeit, den Fokus von individuellen Faktoren auf die Systeme zu lenken, die für das weltweite Gesundheitsproblem mitverantwortlich sind. Ob Gesundheitssysteme, Regierungssysteme, Lebensmittelsysteme, Medien und Arbeitsumgebungen, all diese Faktoren tragen aus Sicht der Veranstalter des Aktionstages zur steigenden Häufigkeit der Adipositas bei und sollten verändert werden. Zudem besteht die Forderung der Ausrichter, Adipositas als komplexe und chronische Krankheit anzuerkennen, die auch andere Erkrankungen begünstigt.
Zu diesen Erkrankungen zählen auch Fettlebererkrankungen, von denen
immer mehr Menschen betroffen sind. Weltweit warnen Experten seit Jahren
davor und rufen zur Bekämpfung dieser Epidemie auf. In Deutschland
leidet etwa ein Drittel der erwachsenen Bevölkerung an einer Fettleber.
Überdurchschnittlich häufig betroffen sind die 55- bis 75-Jährigen –
aber auch bei Kindern diagnostizieren Ärzte immer häufiger eine
Fettleber.
Metabolisches Syndrom – Hauptursache einer Fettlebererkrankung
Welche Faktoren dazu führen können, dass die Leber verfettet,
erläutert Prof. Dr. Michael P. Manns, Vorstandsvorsitzender der
Deutschen Leberstiftung: „Zu den Hauptursachen einer
Fettlebererkrankung, auch als Steatotische Lebererkrankung (SLD)
bezeichnet, zählt das Metabolische Syndrom, zu dem unter anderem
Störungen des Stoffwechsels im Rahmen der Zuckerkrankheit
(Typ-2-Diabetes), Übergewicht und eben auch Adipositas (Fettleibigkeit)
gehören. Diese Faktoren können die Ansammlung von Fett in der Leber
fördern und ein breites Spektrum von Leberschäden umfassen, das von
anfangs gutartigen Leberfettablagerungen ohne Entzündungen bis hin zu
Leberfibrose (also Vernarbungen) und Leberzellkrebs (dem HCC) reicht."
Diagnostik und Klassifizierung von Fettlebererkrankungen
Eine einfache Verfettung – auch einfache Steatose genannt – ist in
den meisten Fällen anfangs relativ harmlos. Die Leberfunktion bleibt in
diesem Stadium normal. Leberspezialisten können durch verschiedene
Diagnoseverfahren wie Laborwerte, bildgebende Verfahren und eventuell
der Entnahme einer Leberprobe feststellen, ob die Fettleber bereits eine
Erkrankung darstellt. Wenn bei den Betroffenen zusätzlich zur
fortgeschrittenen Leberverfettung der Nachweis mindestens eines
kardiometabolischen Risikofaktors erbracht werden kann, handelt es sich
um eine Metabolische dysfunktions-assoziierte steatotische
Lebererkrankung (Metabolic Dysfunction-associated Steatotic Liver
Disease, MASLD).
Von der MASLD zur MASH – häufig bleibt die Veränderung unbemerkt
Der Beginn einer MASLD verläuft in den meisten Fällen asymptomatisch, sodass die Erkrankung häufig über Jahre oder Jahrzehnte hinweg unbemerkt voranschreiten kann. In der zweiten Phase dieser Erkrankung, die jeder zweite Betroffene entwickelt, zeigt die Leber bereits entzündliche Veränderungen der Leberzellen (Hepatitis) und beginnende Ablagerungen von narbigen Fasern. Dieses Stadium wird als Metabolische dysfunktions-assoziierte Steatohepatitis (Metabolic Dysfunction-associated Steatohepatitis, MASH) definiert. Aus der MASH kann sich eine Leberfibrose (Bindegewebsvermehrung) und im weiteren Verlauf eine Leberzirrhose (Vernarbung der Leber) entwickeln. Auch Leberzellkrebs (HCC) zählt zu den möglichen Folgeerkrankungen einer entzündeten Fettleber. Während sich bei den meisten Lebererkrankungen ein HCC aus der Leberzirrhose entwickelt, muss dies bei einer Fettlebererkrankung nicht der Fall sein: Medizinische Daten belegen, dass bei fast 50 Prozent der Leberzellkrebsfälle, bei denen eine SLD ursächlich war, lediglich eine MASH ohne Leberzirrhose vorlag, sich der Leberzellkrebs also deutlich früher entwickelte als bei anderen Lebererkrankungen.
Therapie: Ernährung und Bewegung sind wichtige Faktoren
Bei einer MASLD und einer MASH sind eine gesunde Ernährung und mehr
Bewegung besonders wichtige Bausteine für die Behandlung. Abhängig vom
vorliegenden Fibrosestadium der Leber kann sich prinzipiell auch eine
MASH vollständig zurückbilden. Zurzeit werden neue Medikamente zur
Behandlung der Fettleber im Rahmen von Studien erprobt.
Zusätzlich zur Änderung des Lebensstils können auch medikamentöse
Therapien der Begleiterkrankungen helfen. Diabetiker vom Typ 2 erhalten
manchmal orale Antidiabetika, unter Umständen aber auch eine
Insulintherapie. Bei ausgeprägtem Typ-2-Diabetes kann auch bei
beginnender Fettleberzirrhose noch Metformin als orales Antidiabetikum
selbst bei erhöhten Leberwerten eingesetzt werden. Auch die
GLP-1-Agonisten und die SGLT2-Inhibitoren haben vorteilhafte Wirkungen
auf Fettleberkrankheiten gezeigt. Im experimentellen Stadium ist die
Entwicklung von Anti-Fibrose-Präparaten. Das sind Substanzen, die den
Prozess der fortschreitenden Vernarbung der Leber hemmen sollen.
Weitere Informationen und Buchtipp: www.deutsche-leberstiftung.de