Reguliert Zimt den Blutzucker?

In der Weihnachtszeit neigt der eine oder die andere ja gern einmal zum „Sündigen", was den Verzehr von Süßem angeht. Spätestens der dritte Griff in die Keksdose wird dann aber durchaus auch kritisch abgewogen. Als DiabetikerIn ist man das Nachdenken über die eigene Ernährung hingegen das ganze Jahr über gewohnt. Ausgerechnet ein Gewürz, das typisch für die Weihnachtsbäckerei ist, könnte Menschen mit Typ-2-Diabetes allerdings dabei helfen, ihren Blutzuckerspiegel zu senken.

 

Zimt enthält Polyphenole, die die Blutzuckerregulation unterstützen könnten. So senkte Zimt in einigen Studien die Glukose- und Lipidkonzentration von PatientInnen mit Prädiabetes (2,3) und mit Typ-2-Diabetes (4-7) sowie von Gesunden (8-11). Andere Studien kommen allerdings zu entgegengesetzten Ergebnissen (12-15). Die vorliegende Arbeit (1) möchte mehr Klarheit in die Forschungslage bringen.

Zimt versus Placebo im Wechsel

Insgesamt 18 PatientInnen mit Prädiabetes (Nüchtern-Plasmaglukosespiegel zwischen 100-125 mg/dL oder HbA1c-Konzentration zwischen 5.7-6.4%) und Übergewicht (BMI zwischen 25-40) wurden in die Studie eingeschlossen. Das Alter der ProbandInnen lag durchschnittlich bei 51.1±10.4 Jahren, 72% waren Frauen. Zunächst folgte eine zweiwöchige Anlaufphase, in der die Teilnehmenden sich polyphenolarm ernährten und Zimt-Produkte vermieden. Anschließend wurden randomisiert zwei gleich große Gruppen gebildet: In der Zimt-Gruppe nahmen die Teilnehmenden über den Tag verteilt 4g Zimtpulver in Kapselform zu sich, in der Placebo-Gruppe enthielten die optisch identischen Kapseln hingegen Maltodextrin (gehört zu den Kohlenhydraten). Nach einem Einnahme-Zeitraum von vier Wochen wurde eine zweiwöchige Auswaschphase eingelegt, in der die Kapseln weggelassen wurden. Anschließend wurden die Gruppen getauscht, d.h. die Teilnehmenden, die zuvor die Zimt-Kapseln eingenommen hatten, erhielten nun für weitere vier Wochen die Placebo-Kapseln, und umgekehrt. Es handelte sich um eine Doppelblind-Studie, sodass weder die ProbandInnen noch die WissenschaftlerInnen wussten, wer zu welchem Zeitpunkt welche Kapseln erhielt.

Bei allen Teilnehmenden wurde kontinuierlich die Glukose-Konzentration überwacht (Continuous Glucose Monitoring, CGM). Hierzu kam ein Unter-der-Haut-Sensor zum Einsatz, der alle 15 min. automatisch eine entsprechende Messung vornahm. Zusätzlich wurden an insgesamt vier Zeitpunkten orale Glukosetoleranztestungen (OGTT) durchgeführt und Blutproben entnommen: Nach der Anlaufphase (Baseline), nach den ersten vier Wochen der Einnahme, nach der Auswaschphase und nach den zweiten vier Wochen mit getauschter Einnahme.

Ergebnisse

Im CGM zeigten sich für die Zimt-Supplementierung nicht nur geringere Glukose-Spitzen mit einer Zunahme von 9.56±9.1 mg/dL im Vergleich mit Placebo, wo die Zunahme in der Spitze bei 11.73±8.0 mg/dL lag. Auch die allgemeine Glukose-Konzentration über 24h war bei Zimt-Einnahme signifikant geringer als bei Placebo, und dies zu allen Messzeitpunkten. Die Unterschiede in den Glukose-Kurven blieben auch nach Anpassung an das Alter, Geschlecht, Nüchtern-Plasmaglukosespiegel/HbA1c-Wert/Blutdruck bei Baseline weiterhin signifikant.

Aus den OGTT konnte abgeleitet werden, dass im Vergleich mit den Baseline-Werten die Zimt-Einnahme die Freisetzung des glukoseabhängigen insulinotropen Peptids gefördert hatte. Hauptwirkung dieses Peptids ist die Stimulation der Insulinausschüttung. Die Triglycerid-Konzentration – bei Diabetikern sind die Triglycerid-Werte oft erhöht – hatte sich nach Zimt-Einnahme im Vergleich zur Baseline insgesamt verringert, auch wenn die Werte fluktuierten. Ebenso zeigte sich die Glucagon-Konzentration geringer im Vergleich mit Placebo. Hauptwirkung von Glucagon ist die Erhöhung des Blutzuckerspiegels. Die Unterschiede waren jeweils statistisch signifikant.

Einschätzung

Eine Stärke der Arbeit ist das Design als randomisiert-kontrollierte doppelverblindete Cross-Over-Studie. Die Ergebnisse sind durchaus vielversprechend und deuten darauf hin, dass Zimt tatsächlich die Blutzuckerregulation unterstützen kann. Einschränkend muss jedoch auf die geringe Probandenzahl, die Geschlechtsverteilung – fast drei Viertel Frauen – und die Einschlusskriterien – vorliegende Prädiabetes und Übergewicht – verwiesen werden. Es ist unklar, ob die Ergebnisse verallgemeinert werden können. Weitere Untersuchungen mit größerer Fallzahl und heterogenen Studiengruppen wären wünschenswert.

In diesem Zusammenhang wäre auch die Prüfung weiterer Zimtsorten interessant. In der vorliegenden Studie kam indonesischer Zimt (Cinnamomum burmannii) zum Einsatz. Das chemische Profil geben die AutorInnen wie folgt an: 3.64±0.04 mg/g Cumarin, 1.02±0.01 mg/g Zimtsäure und 29.03±0.15 mg/g Zimtaldehyd. Andere Zimtsorten weichen mit Sicherheit davon ab und es ist nicht klar, welcher Bestandteil oder welche Verbindungen von Bestandteilen spezifisch für die Wirkung verantwortlich ist.

Ein abschließender Hinweis: Die tägliche Dosis von Cumarin betrug in dieser Studie 0.17 mg/kg Körpergewicht und lag damit über der annehmbaren täglichen Aufnahme, welche mit 0.1 mg/kg Körpergewicht angegeben wird. (16,17) Zwar gibt es laut Europäischer Behörde für Lebensmittelsicherheit keine Sicherheitsbedenken, wenn dieser Wert für ein bis zwei Wochen sogar um das Dreifache überschritten wird (18) – allerdings gilt ein Zuviel an Cumarin als leberschädlich. Von einer „Selbstmedikation" mit Zimt sollte daher abgesehen und ärztlicher Rat eingeholt werden.

Die Literatur sowie einen Buchtipp finden Sie hier: www.carstens-stiftung.de

 



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